Unser erster Tag beginnt mit wunderbaren Segelbedingungen und beschert uns einen rundum sanften Start. Die fiesen Seitenwellen sind erst für die kommenden Tage vorgesehen – doch dann schütteln sie uns ordentlich durch.
Wir testen erstmals unsere Windfahne – und sie funktioniert einwandfrei. So haben wir neben dem Autopilot ein weiteres funktionierendes Steuersystem. Solange der Wind nicht gar zu flatterhaft ist, steuert uns diese zuverlässig durch die wellen.
Die Nächte sind stets besonders. wir wechseln uns für die Wachen alle drei Stunden ab. Rund jede Viertelstunde machen wir dann einen Kontrollgang. Mit Sternengucken, Hörbüchern und Powernaps vergeht die Zeit dabei meist wie im Flug. Und es ist Zeit, die nur einem selbst gehört – etwas das kleinere Kinder zur Mangelware schmelzen lassen. unheimlich schön anzusehen ist die teilweise immens starke Bioluminesenz, die das vorbeiziehende Wasser unwirklich erleuchtet. wir plangen jede nacht auf den Mond, denn ohne ihn ist es wirklich stockfinster.
wogegen der schlaf einem nicht immer ganz so zuverlässig findet. je länger desto müder desto besser. am anfang verwirren mich im halbschlaf noch die unzähligen, teilweise heftigen geräusche. eine seitenwelle, die mit voller wucht an die bordwand klatscht, lässt – zumindest im halbschlaf- nur den schluss zu, dass das Schiff nun endgültig auseinander bricht. oft bin ich beim erwachen völlig ungläubig erstaunt, wenn patrick mir versichert, dass alles in bester ordnung ist.
Und dann ist da das Gehimnis des Tiefenmessers. Patrick tut es als Messfehler ab, woran ich aber nicht glaube. Grundsätzlich blinkt dieser ab einer gewissen Tiefe von mehr als 100 Metern nur noch. Wie kann es sein, dass plötzlich als letzte gemessen Tiefe 12 Meter steht und diese Zahl immer wieder variiert. Wer schwimmt da bloss unten durch??? Dies sind dann die Fragen, die mich nachts, allein auf Wache machmal auch umtreiben.
Das Wetter spielt verrückt. Es böht, es wellt und schliesslich beginnt es noch zu regnen. Es ist der erste richtige Regen seit Monaten. Und zu guter Letzt kommt noch das Gewitter – wobei dieses zum grossen Glück Distanz hält und nur in der Ferne grollt.
eines morgens entdecken wir erstmals blinde Passagiere. Mehrere fliegende Fische und ein Kalmar haben sich des Nachts aus unser Schiff verirrt. Und ja, sie haben wirklich Flügel.
Noch wissen wir nicht, ob wir einen Zwischenhalt auf KapVerden machen oder ob wir direkt in die Karibik durchziehen. Wir werden es von unserer Verfassung und vom Zustand des Schiffes abhängig machen.
Schliesslich macht uns der Wind einen Strich durch die Rechnung. Er hört nämlich auf zu blasen – gerade als Wir uns darauf eingestellt haben in die Karibik durchzusegeln. Wir sind alle gut gelaunt und gerade so richtig eingeschaukelt, als wir erfassen, dass es schlichtweg keinen Sinn macht, sofern wir nicht auf unabsehbare Zeit vor uns hindümpeln wollen. Also doch KapVerden, auch wenn es sich eigentümlicherweise fast ein wenig wie Strafaufgaben anfühlt.
Es wird eine Punktlandung. nach sieben tagen Kurz vor Einbruch der dunkelheit biegen wir in die Bucht von Mindelo ein. Wegen der Vielen Fracks sollte man es tunlichst unterlassen, die Stadt bei Nacht anzusteuern – schneller als einem lieb ist gesellt man sich sonst zu ihnen. Wir hissen die gelbe Flagge um zu signalisieren, dass wir einklarieren müssen – kommen tut jedoch niemand.
Wir haben viel gehört vom gefährlichen Mindelo. Entsprechend eingeschüchert tun wir unsere ersten Schritte an Land – und dann all das Blut am Boden… Es fühlt sich fast so an wie damals vor vielen Jahren in Kathmandu, dessen Unbekannte uns doch sehr verunsichert hatte. Doch mit jedem Landgang werden wir sicherer und fühlen uns schliesslich richtig wohl.
nicht zuletzt ist KapVerde auch der Musterschüler von ganz Afrika. Kein anderes afrikanisches Land steckt sein Geld so ausschliesslich in die Bildung und die Infrastruktur. Die Leute sind sehr freundlich, hilfsbereit und redseelig. Und Sprachen können die! Mühelos wechseln sie zwischen kreolisch, portugiesisch, französisch, englisch und manche gar zu deutsch und holländisch. Eine ganz andere Liga als zuvor in Spanien.
Ein besonderer Ausflug führt uns mit dem Sammeltaxi an die Turtle Beach. Eine Gruppe junger Männer empfängt uns und führt uns in einem kleinen Fischerboot ins meer hinaus. Und dort sind sie: riesige Meeresschildkröten. Die wunderschönen Tiere schwimmen rund um das Boot – ein herrlicher Anblick. Mein mutiger Sohn ist es, der zu ihnen ins Wasser steigen will. ich muss mir einen ziemlichen Ruck geben ihn zu begleiten – und bereue es keine Sekunde.
Mittlerweile haben sich viele Boote in der bucht von mindelo eingefunden, die das gleiche Ziel haben. Und alle warten mehr oder weniger geduldig auf besseren Wind. Mittlerweile sind auch schon zahlreiche Boote der ARC eingetroffen, die aufgrund der schlechten Bedingungen weite Strecken unter Motor gefahren sind und nun einen Zwischenstopp einlegen müssen, um nachzutanken. Wir sind einigermassen stolz als wir beim tanken nicken können: Ja, nur Wasser. Unsere Dieseltanks sind noch platschvoll. und nun sind wir bereit für den nächsten gump.