Zurück in der Shelter Bay Marina sind wir froh, das Schiff in gutem Zustand vorzufinden. Schliesslich haben wir für einmal Termine einzuhalten. Wir erwarten Patricks Vater Bruno und dessen Freund Harry, die mit uns die Kanaldurchfahrt erleben wollen. Termine sind nicht unbedingt die Stärke Mittelamerikas – schon vor Wochen haben wir versucht den Termin für die Kanaldurchfahrt zu nageln und doch bleibt es eine Zitterpartie, ob diese dann tatsächlich in die Zeit unserer Besucher fallen wird. Endlich haben wir den Vermesser auf dem Boot. Dieser bestätigt, die von uns gemachten Bootsangaben und informiert über die Abläufe – mehr oder weniger. Nun erhalten wir den Termin, wobei dieser in den kommenden Tagen noch mehrere Male verschoben wird.
Wir verbringen unsere Zeit mit weiteren Vorbereitungen. Wir kaufen ein, dass einem die Ohren wackeln. Wieder und wieder bringen wir ganze Wagenladungen an Vorräten aufs Schiff, bis dieses schier aus allen Nähten platzt und die Wasserlinie immer höher steigt. Schliesslich gilt es Haushaltsartikel, Nahrung und einen Notvorrat Wasser für rund drei Monate zu bunkern. Nicht dass wir tatsächlich vorhaben, solange über den Pazifik zu schaukeln, doch kann man nie wissen. Bei einigen hat dieselbe Strecke aus verschiedenen Gründen bis zu 70 Tagen gedauert. Lieber zu viel als zu wenig ist unsere Devise. Beim Wasser machen wir Kompromisse. Schliesslich haben wir einen Wassermacher. Sollte dieser aussteigen, könnten wir zur Not noch unseren 700 Liter fassenden Wassertank leer trinken. Trotzdem wollen wir auch noch eine Notreserve für alle Fälle dabeihaben. Nicht zu vergessen, Ersatzbadehose, Flipflop, Geburtstagsgeschenke, Geburtstagskerzen und, und, und. Wie begrenzt die Versorgungslage in Französisch-Polynesien wirklich ist, wissen wir nicht. Und so summieren sich die Güter, bis wir nicht mehr wissen wohin damit.
Und natürlich stellt uns auch das Schiff vor letzte Herausforderungen. Eine superwichtige Leine, die wir neu bestellt haben, stellt sich als zu kurz heraus. Da gilt es Daumen zu drücken, dass die neue, lange noch rechtzeitig ankommt. Als wir Freunden bei einem Problem mit deren AIS helfen, stellen wir fest, dass sich bei unserer Windanzeige nichts mehr tut. Auch wenn diese nicht lebensnotwendig ist, erleichtert sie den Segelalltag doch ungemein. Wohin nehmen, wenn nicht stehlen? Tatsächlich gelingt es verschiedene Ersatzteile in verschiedenen Läden zu bestellen und auch tatsächlich erfolgreich zu montieren.
Dann können wir endlich die beiden Herren begrüssen. Auf die unzähligen grosszügigen Mitbringsel müssen wir uns noch einige Tage gedulden, da ihre Koffer in den Weiten der Flugwelt hängen geblieben sind. Die Freude ist aber nicht geringer – vielen Dank dafür!
Die beiden müssen hautnah erleben, dass beim Segeln Ideen möglich, aber Pläne schwierig sind. Aus ein paar netten Segeltagen wird wegen Gegenwind, Flauten und den Piraten, die in der Umgebung ihr Unwesen treiben, leider nichts. So vertreiben sich die beiden die Tage mit Ausflügen in den wunderschönen Naturpark San lorenzo direkt vor unserer Hintertür und erkunden Panama City.
Und irgendwann kommt der grosse Tag! Wider Erwarten werden wir die 82 Kilometer an einem Stück durchfahren und nicht wie zuvor geplant eine Nacht im lago Gatún verbringen. Als wir unsere unzugängliche Box im Hafen endlich verlassen und die Welle entlüftet haben – und so das furchtbare Geräusch im Schiff eliminieren können – scheint uns die eigentlich Kanaldurchfahrt fast als Kinderspiel.
Wir begrüssen Santiago, einen Panamesen an Bord, der unser vierter Linehandler sein wird und uns äusserst hilfreich instruiert. Um halb vier in der Früh geht es vor die Marina an eine Boie. Dort wird uns mit einer Stunde Verspätung ein Advisor aufs Schiff gebracht.
Und dann geht es los: Die erste Schleuse scheint uns riesig. Muss sie auch sein, soll sie doch auch dem riesigen Frachter direkt hinter uns Platz bieten. Ein zweites Segelboot wird jeweils mit uns im Paket die Schleusen passieren. Also werden wir beide mit je zwei langen Leinen an den Schleusenwänden fixiert. Diese Leinen gilt es jeweils einzuziehen oder nachzulassen, je nachdem ob es nach oben oder nach unten geht. Die Schleusentore schliessen sich und die Schleusen werden geflutet. So steigen wir insgesamt dreimal je 9 Meter in die Höhe, so dass wir den 27 Meter höher gelegenen Stausee Gatun Lake erreichen.
Der lago gatún erstreckt sich über rund 80 kilometer. Einige ehemals vorhandenen Siedlungen wurden für das Bauvorhaben geflutete und entstanden ist ein nun völlig unberührter Landstrich – eine wunderschöne Bootsfahrt erwartet uns.
Auf der anderen Seeseite geht es erneut mit drei Schleusen auf die Höhe des Pazifiks hinunter. Das Ganze ist sehr eindrücklich und spannend. Nach einem sehr langen Tag erreichen wir kurz vor Sonnenuntergang unter den Strahlen des Vollmondes unseren ersten Ankerplatz im Pazifik.
Und schon gehen die gemeinsamen Tage dem Ende entgegen. Auch wenn die Reise nicht ganz Euren Vorstellungen entsprochen hat, hoffen wir, dass es Euch gefallen hat. Wir haben die Zeit mit Euch jedenfalls sehr genossen. Schön, seid Ihr da gewesen!
Ostern kommt und geht. Der Osterhase kommt auch im Pazifik seinen Verpflichtungen nach – auch wenn er sich bei der Schokolade einigermassen vergriffen hat. Sie ist teilweise so scharf, dass nicht mal die Erwachsenen sie geniessen können.
Bevor es nun auf unsere längste Überfahrt überhaupt von Panama zu den Marquesas geht, stehen noch allerletzte Vorbereitungen, zum Beispiel ein superkurzfristiger Ersatz des Sattelitentelefons, an – und natürlich muss das Wetter stimmen…