heidiland

Die junge Dame sieht hoch über Brüssel aus dem Flugzeugfenster und ruft überrascht: «Da unten sind ganz viele Golfplätze!» Lange haben wir keine gewöhnlichen Wiesen mehr gesehen – und wenn doch, waren es eben Golfplätze.

Die Ankunft in der Schweiz verläuft überraschend unspektakulär. Zu bekannt ist alles, zu gut kennen wir es. Bereits nach kurzer Zeit ist es fast so, als wären wir nie weggewesen. Wir fügen uns in die hiesige Alltagswelt ein, als wäre nichts gewesen. Zu meinem Schrecken erkenne ich sogar die einzelnen Unebenheiten im Asphalt auf dem Weg nach Bern wieder – erschreckend und beruhigend zugleich.

Auch mit den Menschen ist es ähnlich. Es tun sich keine Gräben oder Hürden auf, wir machen alle einfach dort weiter, wo wir vor rund eineinhalb Jahren aufgehört haben. Das Leben zog bei den meisten in gemächlichem Tempo seine Bahnen. es ist gut zu wissen, dass die Beziehungen einen Unterbruch ohne weiteres vertragen.

Kaum sind wir in der grünen Schweiz angekommen, beginnt Patricks Nase zu laufen. Was er für einen veritablen Heuschnupfen hält, entpuppt der Teststreifen sehr schnell als Covid. Nichts wird aus dem baldigen Wiedersehen mit Freunden, der Arme verschwindet für eine satte Woche in der Isolation und wird mit jedem Tag mehr zu einem Tiger im Käfig. Wenige Tage später erwischt es auch die Kleine, kurz aber heftig. Ganz offensichtlich kann der Käfer nur uns beiden Genesenen nichts anhaben.

Wir sind ganz überrascht von der Schönheit der Schweiz. Die Abwesenheit lässt uns Stadt und Land mit unverstelltem Blick wahrnehmen. Trotz der andauernden Trockenheit ist es so grün, wie abgesehen vom Urwald in Dominica nirgends. Und es ist nicht nur grün, es ist unglaublich satt.

Auch die Städte überzeugen mit ihrem historischen Glanz. Wenn andere Städte ein Quartier oder auch nur eine Strasse als Hotspot preisen, entspricht die ganze Berner Innenstadt diesem Standard.

Verblüfft sind wir von der Ähnlichkeit der Schweizer und Schweizerinnen. Besonders gewisse Altersgruppen uniformieren sich mit ähnlicher Kleidung in den gleichen Farben und Einheitsfrisuren – fast als würden entsprechende Vorschriften gelten. Was weiter auffällt, respektive in die Nase sticht, sind die Wolken von Weichspüler, Waschmittel und Shampoos, welche die meisten Menschen umgeben.

Nachdem in der Karibik die Luftfeuchtigkeit mehr als 70% betragen hat, empfinden unsere Nasenschleimhäute die hiesige trockene Luft als Zumutung. Es bilden sich ganz wie am Winteranfang, wenn die Heizung einsetzt, schmerzhafte Krusten in der Nase. Und auch an die Temperatur müssen wir uns erst gewöhnen. In den ersten Wochen frösteln wir in der Rekordhitze. Auch wenn uns viele zu einem erfrischenden Bad überreden wollen, winken wir ab. In diese Gewässer, ob Schwimmbad, Fluss oder See, steigt niemand von uns freiwillig – viel zu kalt!

Immer wieder sagen wir den Kindern, dass dies nicht unserem gewöhnlichen Alltag in der Schweiz entspricht – nur um keine falschen Vorstellungen entstehen zu lassen. Schliesslich werden wir von einer wunderschönen Wetterperiode verwöhnt, die langen lauen Sommerabenden sind ein Traum. Regnen tut es nur an meinem Geburtstag. Und noch viel wichtiger: Wir können von einem Besuch zum nächsten, von einem Fest zum nächsten eilen und treffen unglaublich viele liebe Menschen. Übernachten an tollen Orten und geniessen von Herzen die Gesellschaft von Euch allen – es ist eine Freude! Ganz viel Zeit können wir auch mit der Genesenen verbringen und schätzen jede Minute davon.

Meine Sorge, dass die Kinder vielleicht gar nicht mehr wegwollen, stellt sich als nichtig heraus. Auch wenn sie es sehr geniessen, in ihrem geliebten Stöckli zu hausen, durch den Garten zu toben, auf die Bäume zu klettern, ist für sie völlig klar, dass wir auf das Schiff zurückkehren. Einmal mehr zeigt sich, dass man sich mit Vorstellungen und Erwartungen vor allem unglücklich macht – meine Sorgen waren für die Katz.

Bereits einige Tage vor der Abreise – als sich der Sommer definitiv dem Ende zuneigt – beginnt der Abschiedsmarathon. Abschiede sind nicht meine Stärke und die Kinder gucken jeweils schon gespannt, wann die Tränen zu fliessen beginnen. Zum Glück vergeht der Schmerz auch wieder und trotzdem sehne ich schliesslich den Moment des Abflugs herbei, nur damit das Abschiednehmen endlich ein Ende hat.

Und trotzdem war es toll! Wir haben die Zeit sehr genossen und fühlen uns glücklich und reich, von so vielen guten Menschen umgeben zu sein. Wir danken Euch für all die wunderbaren erlebnisse und sind sehr froh, dass Ihr alle zu unserem Leben gehört. Es war schön mit Euch!

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