Es fühlt sich gut und richtig an, das klebrige, praktische Martinique nach nun doch fünf Wochen zu verlassen. Erstmals seit dem Atlantik tun wir dies wieder mit einem Nachtschlag -direkt in die Grenadinen.
Patrick witzelte bereits über die mit Sicherheit umgehend anfallenden Schäden, kaum dass wir das Reparaturmekka Martinique verlassen. Und genau so ist es. Der Autopilot verlässt uns bereits nach einigen Stunden, oder er verlässt uns eben nicht, sondern blockiert die Steuerung nach eigenem Gutdünken. Immerhin haben wir seit Lanzarote im Ausbauen des dritten Steuermanns einige Übung. Also muss nun die Windfahne ihren Dienst antreten. Mit einem kleinen Klack verabschiedete sich jedoch auch deren Steuerschnur. Als schliesslich ein Lämpchen beim Motor nicht mehr wie gewohnt leuchtet, wird es uns langsam zu viel. Falls der Alternator betroffen ist, haben wir ein ernsthaftes Problem. Nach einigen Stunden Fehlersuche und Bibbern können wir etwas Gravierendes ausschliessen. Hätte Patrick doch den Teufel nicht so deutlich an die Wand gemalt.
Des Nachts passieren wir die südliche Spitze St. Lucias. Wobei man kaum von Segeln sprechen kann – schweben oder innehalten passt wohl eher. Klar, der Wind ist eingeschlafen und treibt das Boot nur noch sachte voran. Trotz viel Geduld und Hoffnung, bleibt es aber dabei, wir kommen nicht von der Stelle. Seit Stunden kleben wir amselben Fleck. Wir spekulieren über beschädigte Propeller, sonstige technische Probleme, GegenWellen, gar schon mystische Erklärungen stehen im Raum – bis wir schliesslich bei der Strömung verharren. Sie ist es, des Übels Ursache. Da unsere Log nur zufällig funktioniert, haben wir keinen fixen Anhaltspunkt. In diese Falle tappen wir immer wieder. Wir wundern uns, weshalb wir bei gleichem Wind und gleichen Segeln plötzlich mehrere Knoten verlieren. Eine frustrierende Sache diese Strömung – jedenfalls sofern sie entgegenkommt.
Wir lassen den Anker in der zwar vollen aber schönen Bucht von Bequia fallen, unsere erste Grenadine. Es gefällt uns dort sehr gut. Die Menschen sind ausnehmend freundlich und angenehm. Die Stimmung ist gut und wir geniessen die Tage dort. Wir essen die besten Mangos unseres Lebens und erfreuen uns an den fröhlichen, farbigen karibischen Häuser, die die Hänge säumen. Die offene, auf ein Aussenleben ausgerichtete, unkomplizierte Bauweise, begeistert unsere von Bauvorschriften entarteten Gemüter.
Von Bequia nehmen wir zur Abwechslung einmal die fähre um die Hauptinsel St. Vincent zu besuchen. Die Insel ist offensichtlich wenig auf Tourismus ausgerichtet, hat sie jedoch auch einen einigermassen berüchtigten Ruf. Uns fallen vor allem die unzähligen Schulen und noch zahlreicheren Kirchen aller möglichen missionarisch tätigen auf.
Wir lassen die eine oder andere der vielen kleinen Grenadinen links liegen und steuern Mayreau an. Die Salt Whistle Bay hat einen Bilderbuchstrand und von dort ist es nur ein Katzensprung zu den vielgerühmten Tobago Cays. Die Zufahrt zu den kleinen unbewohnten Inseln ist aufgrund der Riffe etwas knifflig, doch sorgen diese dafür für wunderschöne, klare Blautönen, so wie man sich die Karibik vorstellt. Es handelt sich um ein Schutzgebiet und bietet unzähligen Tieren eine Heimat. Die Schildkröten schwimmen ums Boot, kommen zuverlässig zum Angeben bei jedem Telefonat vorbei. Bei nahezu jedem Schnorchelgang kann man die wunderbaren Tiere beobachten.
Die Kinder spielen am Strand als unser kleiner Fischspezialist plötzlich zusammenzuckt und zurückweicht. Direkt vor ihm schwimmt ein Stachelrochen im Wasser. Auch beim Schnorcheln entdecken wir die grossen, majestätischen Fische die vogelgleich durchs Wasser schweben. Ihre Grösse und der Giftstachel am langen Schwanz lassen uns in ihrer Anwesenheit etwas erschaudern, doch die Begeisterung überwiegt.
Viele Yachten, die wie wir den Atlantik überquert haben, viele jener die wir bereits in Europa immer wieder getroffen haben, befinden sich auf der sogenannten Atlantikrunde. Das heisst, sie überqueren den Atlantik verbringen eine Saison in der Karibik und machen sich dann im Frühsommer wieder auf nach europa. All jene begannen in der südlichen Karibik und halten nordwärts. Wir, die weiter in Richtung Westen wollen, sind südwärts unterwegs. So kommt es, dass wir viele Bekannte zwar für einige Tage kreuzen, dann aber wieder verabschieden müssen. Und nun scheiden die Wege erneut, denn wer nicht in richtung Panama will, überlegt es sich gut, westwärts zu segeln. Zu unangenehm gestaltet sich der Rückweg anschliessend gegen den Wind. Also sagen wir immer wieder lieben Menschen adieu und freuen uns dafür auf all jene, die mit uns in den Pazifik reisen. Wir geniessen die vielen unkomplizierten, erhellenden Bekanntschaften mit all den Menschen aus den unterschiedlichsten Sparten dieser Menschheit sehr.
Es war eine gute Zeit hier im äusseren Antillenbogen, auf den sogenannten Windwards Islands – insbesondere die Grenadinen haben dem Ganzen noch einmal ein Krönchen aufgesetzt. Nun aber dürstet es uns nach den neuen Ufern der ABC-Inseln.