ADieu frankreich

Le Lavandou schenkt uns einige traumhafte Tage bei herrlichen Bedingungen, türkisfarbenes Meer und ein fantastisches Feuerwerk. Keine fünfzig Meter vor unserem Boot ergiesst sich das farbige Spektakel des Landesgeburtstags in den Nachthimmel. Was für ein Abend! Das Feuerwerk des Nachbardorfes am kommenden Abend verschweigen wir den Kindern geflissentlich.

Schlagartig bin ich hellwach und blicke gebannt auf den kleinen Schatten, der sich direkt oberhalb auf dem Fenster gegen das Mondlicht abhebt. Es muss ein Tier sein, das sich schnüffelnd in jede Ecke des Fensters bewegt. «Patrick, wach auf, da ist eine Ratte!!!» Patrick wähnt sich in einem meiner lebhaften Träume, bis er den wahrhaftigen Schatten ebenfalls entdeckt. Schnell sind wir auf Deck, schliessen alle Öffnungen und schleichen mit einem pinken Kinderfischernetz bewaffnet übers Boot. Unter dem letzten Fender sitzt sie – wir leiden also nicht unter Hirngespinsten. Sie verkriecht sich nach einer kurzen Hetzjagd beim Anker und ein herzhafter Stoss von Patrick befördert sie ins Wasser. Von dort sehen wir sie schliesslich von dannen schwimmen.

Ja, schwimmen, das können sie. Unsere Recherchen ergeben, dass diese flinken Tiere bis eineinhalb Kilometer schwimmen können und kaum mehr vom Boot zu kriegen sind – intelligent wie sie sind. Da können wir ja von Glück reden. Natürlich zerbrechen wir uns den Kopf, wo wir den ungebetenen Gast aufgegabelt haben, werden aber schliesslich im Netz fündig: Unsere Gastinsel Port-cros ist von ebendiesen Tieren überbesiedelt, so dass es immer wieder zu solcherart Vorkommnissen kommt.

Mitten auf dem Meer werden die beiden Lieben von einer unerkannten Lernlust gepackt. Ohne Unterbrechung arbeiten sie sich durch ein ganzes Rechenbuch. Offensichtlich lohnt es sich, die Gelegenheiten zu packen, wenn sie sich bieten – es ist eben doch vor allem eine Frage der Motivation. Zuvor lernte er die Zahlen bis in den Hunderterbreich anhand der PS-Angaben auf den Bootsmotoren – Hauptsache es interessiert. Buchstaben lernen sie, da sie unbedingt wissen wollen, aus welchen Ländern die Autokennzeichen stammen.

Die viel umschwärmte Insel Porquerolles wird zu Recht umschwärmt. Die wunderschöne Küste wird gesäumt von einem Wald spektakulärer Bäume. Die Küstenlinie als solche ist felsig und zerklüftet. Die Bucht, welche wir auserkoren haben ist mondsichelförmig und gefüllt mit karibisch blauem Meer. Natürlich gefällt es dort auch anderen – zum Glück haben wir uns an das Ankern in unmittelbarer Nachbarschaft bereits gewöhnt.

In Sanary-sur-mer erledigen wir die leidigen Einreiseformalitäten für Spanien inklusive des Corona-Tests. Und wir durchleben die vermutlich rolligste Nacht überhaupt. Die Wellen kommen aus dem Nichts, aus einer unerklärlichen Richtung und völlig unregelmässig. Sie bringen das Schiff von der Seite dermassen zum schaukeln, dass wir uns in die Bettlaken krallen – und dies in der Nacht vor der Überfahrt, die wir eigentlich für die totale Erholung nutzen wollten.

Die Überfahrt zu den Balearen starten wir am späten Nachmittag, bei gutem Wind und angenehmen Wellen. Doch kaum verlassen wir die Landabdeckung, nehmen die Wellen zu. Sie sind die Folge des starken Windes, der tagsüber geblasen hat. Die Kinder freuen sich über jede Welle, und schreien nach noch höheren. Patrick und ich tauschen verblüffte Blicke und sind froh, wenn ihrem Wunsch kein Gehör geschenkt wird. Eigentlich sollten sich die Wellen nach und nach beruhigen, doch halten sie sich schliesslich hartnäckig bis zu unserer Ankunft. Die erste Nacht wird ziemlich anstrengend, da sich vor allem mein Magen noch an die Hacksee gewöhnen muss.

Die Nächte sind vom Vollmond hell erleuchtet und das Wasser glitzert bis in die Ferne. Einige wenige Grossschiffe kreuzen unseren Weg. Das Land am Horizont ist verschwunden – rund herum ist nichts als Wasser. Die Wellen bleiben mächtig lästig – und doch gefällt es. Schliesslich kündigt ein winziges Blinken ganz weit weg das erste Stück Land der Balearen an.  

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